Verraten by Florian Schwiecker

Autor:Florian Schwiecker [Schwiecker, Florian]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783955308759
Herausgeber: Edel Elements
veröffentlicht: 2016-03-20T16:00:00+00:00

34.

»Schießen Sie! Sofort!«, schrie Krieger in sein Mikrofon, obwohl er wusste, dass es zu spät war. Er hatte in dem Moment verloren, als Target fünf ihn bemerkt hatte.

Die nächsten Sekunden vergingen wie in Zeitlupe: Krieger spürte den Luftzug der Gewehrkugel nahe seinem Ohr nahezu im selben Moment, als sie Target fünf in die Stirn schlug und dessen Kopf nach hinten riss. Zeitgleich zündete der Sprenggürtel.

Krieger duckte sich und schloss die Augen, doch noch bevor er seine Hände auf die Ohren pressen konnte, wurde er von der Druckwelle der Explosion umgerissen. Sein Schädel drohte zu zerplatzen, so gewaltig war die Detonation. Dann spürte er einen Schlag und einen gewaltigen Druck auf seinem Kopf und seinem Brustkorb. Vorsichtig öffnete er die Augen. Irgendetwas lag auf ihm, ein Körper. Eine junge Frau, keine dreißig Jahre alt. Vorsichtig und darauf bedacht, sie nicht zu verletzen, legte er sie auf den Rücken und fühlte ihren Puls. Er spürte nichts, die Frau war tot. Er ließ ihren Arm sinken und wandte sich um. Rauch brannte in seinen Augen, und alles war verschwommen. Seine Ohren pfiffen. Nur langsam kam sein Gehör zurück. Um sich herum hörte er Schreie. Seine Sicht wurde langsam klarer, und als er wieder etwas erkennen konnte, war er mit einem unfassbaren Ausmaß an Zerstörung konfrontiert. Überall um ihn herum lagen unzählige Tote und Verletzte.

Panik brach aus, die Zuschauer stürmten zu den Ausgängen. Sie trampelten alles nieder, was vor ihnen lag, ohne Rücksicht auf die immer größer werdende Zahl von hilflosen Menschen, die zu Boden gesunken waren.

Wut überkam ihn, und Krieger schrie all seinen Ärger und seine Verzweiflung in den Münchner Nachthimmel. Zum zweiten Mal an diesem Tag war er am Schauplatz eines Attentats. Diesmal hatte er gewusst, was geschehen könnte, er hätte es verhindern können – doch er war zu spät gekommen. Nur wenige Sekunden, aber zu spät. Aber viel schlimmer war, dass der Albtraum noch nicht vorbei war: Der Ägypter lief weiter frei herum. Krieger griff nach dem Kopfhörer seines Funkgerätes und schaltete den Apparat an. Das Display leuchtete auf, und er hörte ein Knacken in der Leitung. Das Gerät schien noch zu funktionieren. Seine Kehle war trocken, er musste husten.

»Krieger hier«, meldete er sich mit rauer Stimme, »können Sie mich hören?« Er ließ den Sendeknopf los, um eine Antwort empfangen zu können.

Keine drei Sekunden später meldete sich Huber. »Krieger, Sie leben? Sind Sie verletzt?« Man konnte dem Polizisten die Anspannung deutlich anhören. »Hat die Bombe Sie erwischt? Wo sind Sie? Wir können Sie nicht sehen.«

Krieger kniete auf dem Boden, das Funkgerät in der rechten Hand. Als er sich mit der linken Hand abstützen wollte, spürte er einen stechenden Schmerz in seinem Handgelenk, der sich bis in den Unterarm hochzog. Das Gelenk war bereits merklich angeschwollen, und Krieger konnte seine Hand kaum noch bewegen. Vorsichtig stand er auf. Seine Beine waren wackelig, aber er spürte keine weiteren größeren Schmerzen. Seine Jacke war auf der Höhe des Brustkorbs und an den Armen voller Blut, doch das schien nicht seins zu sein. Wie durch ein Wunder hatte er außer an der linken Hand keine schweren Verletzungen davongetragen.

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